Als immerhin halbherzige Naturwissenschaftlerin glaube ich natürlich auch erst mal nicht daran, dass Lindentriebe Augen haben, die gezielt austreiben. Sie folgen natürlich ungezielt nur ihrem TriebIch glaube kaum, dass es sich um ein "bewusste" Handlung der Linde gehandelt hat. Eher der Zufall, dass ein Schössling, wie sie Linden ja gerne aus dem Fuß des Stammes treiben, so nahe am Stamm hochwuchs, dass beide verwachsen konnten. Ähnliches kennt man ja auch von verschiedenartigen Bäumen, wenn sich am Fuß ein Sämling anderer Art breit gemacht hat, sich womöglich am Stamm "wundgescheuert" und dann durch Überwallung der Rinde vereinigt hat.
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Selbst ist die Tilia (Gelesen 4670 mal)
Moderator: AndreasR
Re:Selbst ist die Tilia
Was juckt es die Eiche, wenn sich eine Wildsau an ihr kratzt?
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brennnessel
Re:Selbst ist die Tilia
Hier war es früher üblich, an den Ecken Bauernhäuser (Vierkanthöfe) Linden (oder auch Kastanienbäume) als Schutzbäume zu pflanzen. Vereinzelt stehen deshalb noch solche wunderbare Riesenbäume mit manchmal 1 1/2m Stammdurchmesser. Leider mussten viele von ihnen in den letzten Jahren der Technisierung weichen.Solch ein Lindenbaum stand auch bis vor wenigen Jahren an unserem Nachbarhaus. Es wurde von Generation zu Generation überliefert, dass er einmal aus Dankbarkeit für die Errettung eines Kindes aus einer Lebensgefahr gesetzt wurde und für immer geschützt werden müsste. Im September 1979 brannte dieser Hof ab, die Linde war auch betroffen. Es fielen ihm aber nur ein paar Äste zum Opfer. Der alte Bauer sagte damals, dass die Bäume dadurch noch haltbarer und gesünder würden.......Leider ließ der Jungbauer, den stolzen Riesen nach dem Tod des alten Mannes fällen , damit er eine Straße rund um das Gebäude errichten konnte........LG Lisl
Re:Selbst ist die Tilia
Psst, Lisl: drum freue ich mich so, wenn ich so etwas lese wie in dem Castanea sativa-Thread. Es gibt auch "junge Menschen", die Bäume lieben(!) und erhalten wollen. Äh: ich ja auch
.GrüßeIris
Was juckt es die Eiche, wenn sich eine Wildsau an ihr kratzt?
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Hortulanus
Re:Selbst ist die Tilia
Nun ja, das ist letztendlich eine Frage, wie sehr sich Ast und Stamm wundgescheuert haben, um zu verwachsen.Zufällig war ich gestern in einem Frankfurter Stadtteil (Schwanheim), auf dessen kath. Kirchhof eine wohl schon vor Jahrzehnten zurückgestutzte Robinie steht. Es handelt sich sichtbar entweder um zwei Robinien, die ganz eng beieinander stehen oder eine, die aus den Wurzeln 2 knorzige Stämme getrieben hat. Jeweiliger Stammdurchmesser ca. 70 cm. Beide Stämme waren in Höher von ca. 1,80 m gestutzt worden und hatten wieder ausgeschlagen. Von einem Stamm wuchs ein mächtiger Ast zum anderen hinüber und ist inzwischen völlig in dem anderen Baumstamm aufgegangen. Nur ein dicker Wulst kündigt noch von seinem Eindringen.Bekannt ist auch das Phänomen der geflochtenen Scheffleria-Stämmchen. Sieht man ältere Exemplare, lassen die völlig ineinander verwachsenen Stämmchen das Flechtmuster nur noch erahnen. Sie sind zu einem Stamm geworden. Ohne wundscheuern.Bäume, die andere "aufgenommen" haben kenne ich aus Abbildungen, wo aus den Humuskuhlen (im Wurzelbereich oder in Astgabeln) insbesondere der Rotbuchen Sämlinge gewachsen sind, die sich dann über längere Zeit mit der "Mutterpflanze" verwachsen haben. Dass alle diese Phänomene letztlich doch erklärbar sind, ändert nichts an der bewunderungswürdigen Erscheinungsform mancher Bäume.Die Sitte, mit Bäumen erhabene "Hauswächter" zu schaffen, gibt es auch in manchen Regionen Deutschlands. Der Niederrhein und Westfalen bietet hierzu wunderschöne Beispiele. Hier in Hessen gab es diesen Brauch wohl weniger.Ich selber habe bäuerliche Verwandte in der Nähe von Wesel (Ndrh.). Deren Hof bewachen einige ca. 150 Jahre alte Eichen.Denn deine "Wundscheuertheorie" ist unlogisch wenn man weiss, dass "lebendes" Pflanzengewebe nicht mit Rinde verwachsen kann (wie du es schreibst), sondern nur Kambium auf Kambium verwächst.
Re:Selbst ist die Tilia
Die meisten alten Höfe haben auch im Norden mindestens einen anständigen Hofbaum. Irgendwie gehört es dazu.LG SilviaIch selber habe bäuerliche Verwandte in der Nähe von Wesel (Ndrh.). Deren Hof bewachen einige ca. 150 Jahre alte Eichen.
Die Lage ist hoffnungslos, aber nicht ernst.
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pjoter petrowitsch
Re:Selbst ist die Tilia
Hallo,wer sich mit dem Thema "Verwachsung" eingehender beschäftigenmöchte, dem empfehle ich das Buch "Wundkompensation, Transplantation und Chimären" von N. P.Krenke (ca. 1930 am Timirjaseff Institut in Moskau tätig)dort wird das Thema auf fast 1000 Seiten behandelt(bin aber selbst erst zum "Anblättern" gekommen ;-)Dort werden sehr interessante "Verwachsungsbeispiele"beschrieben, z.B. ein ganzer Wald verwachsenerParrotia persica in der Nähe des kaspischen Meeres.Wenn ich Krenke recht verstehe geht er davon aus. daßVerwachsungen oft durch "Wachstumsdruck" entstehen.GrußPP
Re:Selbst ist die Tilia
Wunderschöner Satz, Hortu. Aber leider belegt er nichts. Bei zwei etwa gleichstarken Ästen ist das keine Kunst. Nur bitte sage mir mal, wie ein gerade hochwachsender Schößling die Rinde eines Stammes von über 30 cm Durchmesser "wundscheuern" willNur ein dicker Wulst kündigt noch von seinem Eindringen.
Was juckt es die Eiche, wenn sich eine Wildsau an ihr kratzt?