thuja thujon hat geschrieben: ↑2. Sep 2025, 22:01
Wenn wir es seriös behandeln wollen:
sempervirens hat geschrieben: ↑2. Sep 2025, 09:18Der entscheidende Punkt ist meiner Meinung nach jedoch ein anderer: Es geht hier
nicht um neue, radikale Forderungen, sondern um die
Bewahrung von bereits exisitierenden und durchaus sinnvollen Gesetzen.
Ja mit was hat die DUH denn ein Problem? Kann das bitte jemand mal verlinken, das Beteiligungsverfahren der EU? Ich konnte auf die schnelle nichts finden, was die DUH zu der Unterschriftenliste veranlassen würde. Die DUH ist doch transparent, warum verlinkt sie nicht um was es geht?
Also nochmal, was hat die EU aktuell mit den Gesetzen vor? Warum müssen wir drüber sprechen?
Der Appell der DUH verweist auf die Kampagne HandsOffNature:
https://handsoffnature.eu/the-campaign/ ( Hinweis: Die Kampagne ist nicht von der DUH. die DUH "bewirbt" sie lediglich )
Wenn ich es richtig verstanden habe geht es in etwa hierum:
- Das EU-Gesetz zur Wiederherstellung der Natur (Nature Restoration Law): Ein sehr neues und ambitioniertes Gesetz, das erst 2024 beschlossen wurde. Es verpflichtet die EU-Staaten erstmals, zerstörte Ökosysteme wie Moore und Flüsse aktiv wiederherzustellen. Der Streit dreht sich darum, die Umsetzung dieses Gesetzes zu verzögern, abzuschwächen oder finanziell nicht ausreichend auszustatten.
- Die EU-Entwaldungsverordnung (EUDR): Ebenfalls ein neues Gesetz, das sicherstellen soll, dass für Produkte, die in der EU verkauft werden (wie Kaffee, Soja, Palmöl), keine Wälder gerodet wurden. Hier geht es in der Debatte vor allem um die Aufweichung der Nachweispflichten für Unternehmen und die Verschiebung von Fristen.
- Die bestehenden Grundpfeiler (FFH- und Vogelschutzrichtlinie): Das sind die seit Jahrzehnten existierenden "Grundgesetze" des europäischen Naturschutzes. Hier gibt es immer wieder gezielte Vorstöße, den Schutzstatus einzelner Arten zu lockern oder bei Bauprojekten mehr Ausnahmen zuzulassen
Wenn ich die aktuelle Situation richtig deute, befürchten die Umweltverbände eine schleichende Aushöhlung und Verwässerung neuer und bestehender Naturschutzgesetze, bis diese letztlich wirkungslos werden.
Ich persönlich sehe nicht jede vorgeschlagene Änderung als problematisch an. Beispielsweise könnte ich mit einer Anpassung des strengen FFH-Schutzstatus für den Wolf leben, wenn dies sachlich begründet ist.
Die eigentliche Gefahr sehe ich in der grundsätzlichen Tendenz: Wenn wir heute hier eine Ausnahme machen und morgen dort eine weitere, untergraben wir das gesamte Schutzsystem. Am Ende genießt dann keine Art und kein Lebensraum mehr verlässlichen Schutz. Es gilt das alte Prinzip: Wehret den Anfängen.
thuja thujon hat geschrieben: ↑2. Sep 2025, 22:01
Wenn nicht klar ist von was wir reden können wir nur über sowas schwadronieren:
dann können wir uns nichtmal mehr einer schönen Natur erfreuen.
Das höre ich seit Jahrzehnten, dass die Natur tot sei, und deswegen gehen die Leute in die Natur, um sich dort zu erholen.
Die Frage der Definition, was ist Natur, was dagegen ist Umwelt, die ist für mich nach all den Jahrzehnten immer noch nicht geklärt.
Es gibt Leute die meinen mit Wald Natur, erholen sich also dort, bieten Badekurse dort an usw. Da sind sich aber scheinbar mindestens 2 konträre Lager einig: der Wald ist keine Natur! Aber das suchen die Leute...
Um das klarzustellen: Ich habe nie behauptet, die Natur sei tot.
Das ist sie natürlich nicht. Sie wäre es aber vielleicht, wenn wir der dystopischen Logik einer reinen Produktivitäts-Wirtschaft folgen würden.
Die Definition von Natur ist dabei natürlich ein dehnbarer Begriff. Zweifellos sind auch ein Maisacker oder eine Fichtenmonokultur eine Form von Natur. Das Problem liegt in unserer Wahrnehmung.
Es verhält sich wie in Platons Höhlengleichnis: Wenn man sein Leben lang nur die Schatten dessen gesehen hat, was von der ursprünglichen Natur übrig geblieben ist, wird man diese Schatten für die wahre Natur halten. Erst wenn man die Möglichkeit bekommt, eine wirklich artenreiche, ursprüngliche Natur zu erleben, erkennt man den gewaltigen Unterschied.
Genau deshalb ist Biodiversität für mich so fundamental wichtig. Sie bereichert uns nicht nur durch ihre Ökosystemdienstleistungen, sondern auch durch ihren ästhetischen Wert, der all unsere Sinne anspricht: die Vielfalt der Gerüche, Farben, Formen und Töne uvm.
hobab hat geschrieben: ↑3. Sep 2025, 07:31
Was ich nicht verstehe, ist das sich Beschweren darüber, dass Gebiete für den Naturschutz nur über Stiftungen und durch reiche Spender erworben werden. Soll der Staat wie in der DDR das Land verstaatlichen, oder halt Kitaessen und Schulneubau nicht mehr finanzieren?
Ich beschwere mich nicht darüber. Ich sehe es eher Pareto-optimal: Wenn Philanthropen und Stiftungen Flächen erwerben, ergibt das ja einen Netto-Nutzen, zumindest aus naturschutzfachlicher Sicht.
Was ich sagen wollte, ist: Wenn Naturschutz nur noch über diesen Weg funktioniert, läuft etwas falsch. In meinen Augen muss der Staat die Rahmenbedingungen setzen und das Einhalten dieser Spielregeln mit den entsprechenden juristischen und exekutiven Gewalten kontrollieren. Den Erhalt einer intakten Natur betrachte ich als eine dieser Rahmenbedingungen.
Wenn Naturschutz aber NUR noch über den Mechanismus 'Kapital' funktioniert, läuft in meinen Augen etwas falsch, denn dann ist er komplett abhängig vom Gutdünken von kapitalbesitzenden Einzelpersonen und Institutionen. Die können heute so und morgen anders denken.
Zum Glück ist es noch nicht so. Aber es ist traurigerweise schon heute so, dass manche dieser von Privaten "geretteten" Flächen wertvoller sind als das ein oder andere Naturschutzgebiet und ohne diese Intervention längst zu einer Beton- und Asphaltwüste umfunktioniert worden wären.
Das zeigt in meinen Augen, dass die Existenz einiger weniger strenger Naturschutzgesetze also nichts an der Tatsache ändert, dass wirtschaftliche Interessen in der Regel höher priorisiert werden, daher frage mich wieso man diese offenbar herunterschrauben muss.